Einem jeden Anfang wohnt ein Zauber inne. Nach 5 Jahren Kleingarten ist er verflogen. Was bleibt, sind Viecher und merkwürdige Nachbarn. Die Nachbarn muss ich tolerieren, die Nager und Bohrer und Diebe nicht.
Der Kleingarten liegt ungünstig, wie sich herausstellt. Er grenzt an ein verwildertes Grundstück, das gleich jenseits der Bahntrasse liegt, außerhalb des Kleingartengeländes. Dort wird viel gegrillt und gefeiert und wenig Müll mitgenommen. Einmal oder zweimal im Jahr fackeln die Jugendlichen Plastik und alle Überbleibsel der Sommerfeten ab. Bravo! Zuerst stinkt und raucht es, dann wimmelt es in meinem Garten von Ratten.
Auch ohne Rattenzugänge hätte ich genug Diebe und Fresssäcke am Hals! Die romantische Naturgartenidee mit einer erfreulichen Ernte nebenbei kann ich vergessen. Was nicht eingemauert, untermauert und überdacht wird, ist perdue. Die heißgeliebten Erdbeerpflanzen haben 2019 wunderbar geblüht – das war’s dann aber auch schon mit Erdbeeren. Von 50 Pflanzen in 2 Hochbeeten (!) habe ich ein Händchenvoll der ersten für mich gehabt. Dann kamen die Ratten und Mäuse. Was sie nicht abschleppen konnten, haben sie abgebissen und liegengelassen. Sämtliche Beeren, auch die kleinsten, grünen, liegen unter den Pflanzen im Stroh. Reife Stachelbeeren lutschen sie aus wie Austern, nur das süßeste Innere. Die Fruchtschale wird fallengelassen.
Bleibt nur noch Hochbau in Fallröhren aus PVC. Darauf habe ich aber noch keine Lust, mir den hübschen Garten mit glatten, sienna-rotbraunen Plastikröhren zu verschandeln.
Marienglockenblumen hatte ich zu Riesenrosetten vorgezogen. Dann kamen die Kaninchen. Im Herbst haben sie alle Zeit der Welt, sämtlichen Glockenblumen den Garaus zu machen. Und ich meine wirklich allen, inklusive der staudigen Glockenblümchen, die ich mit viel Geduld großgezogen und angesiedelt hatte.
Maulwurf. Der ruiniert den Garten, indem er ganze Hänge abträgt und Fallgruben im Rasen aushebt. Über den Rasen gehen, ist gefährlich geworden und Rasenmähen auch. Am Hang gehen die Rosen ein. Sie stehen mittlerweile mit den Wurzeln in der Luft.
Da das Angebot in meinem Garten abwechslungsreicher und fetter ist, bleibt der Maulwurf samt Familie, Karnevalsverein und Arbeitskollegen gleich bei mir und verschont die umliegenden Gärten (nein, meine Maulwürfe sind weiß Gott keine Einzelgänger!). Die Kleingartennachbarn registrieren es mit Wohlbehagen – oder Häme. Die wohnen alle bei mir, die Würfe. WER braucht eigentlich Maulwürfe? Wenn mal einer versehentlich in eine Wühlmausfalle tappt, reut es mich nicht mehr, im Gegenteil. Ich komme mir vor, wie in einer Wilhelm-Busch-Geschichte. Die Karikatur einer gartenverliebten Gärtnerin kollidiert mit der uneinsichtigen Realität.
Ich verstehe immer besser, warum hier kein anderer Kleingärtner einen so schönen, halbwilden, bunten, vielfältigen, prangenden Garten hat wie ich: High Maintenance. Auf Dauer nicht durchzuhalten. Die Nachbarn lassen viel Platz um ihre Stauden und pflanzen sich nicht zu. Offenbar hat es weniger mit der Optik und ästhetischem Empfinden zu tun – ok, damit auch – , dafür umso mehr mit Schädlingen, weniger Aufwand und mehr Freude. Pflügen, Rasen säen, keine still liegenden Beete und die Bäume so kurz wie möglich stutzen. Ich gebe noch nicht auf – noch nicht … ich habe doch keinen Garten angelegt, damit er am Ende aussieht wie ein Kleingartenacker …. noch nicht …
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