Auf der Packung des Discounters stand „botanische“. Das können kurze T. kaufmanniana, mittelhohe T. greigii oder höhere T. fosteriana sein, oder richtige Wildtulpen (Spezies und ihre direkte Sippschaft). Nun stehen 12 hohe Foster-Tulpen im Rasen, was leicht unproportioniert wirkt, die Tulpen aber heraushebt und adelt. Müssen es ausgerechnet die höchsten botanischen sein? Wie verlorene Flüchtlinge auf dem Weg aus den übervollen Beeten in die Weite der Rasensteppe stehen sie verloren längs der rechten Rasenkante, kerzengerade wie eine 1. Ausgebüxt.
Die feurig-roten sind Madame Lefeber, die eleganten, schwefelgelben könnten Candela oder Yellow Emperor sein; letztere sind höher als Candela und eine jüngere Züchtung. Ich tippe auf Yellow Purissima. Auf die großblütige Madame Lefeber (1931) mit ihrem schwarzen, gelb gerahmten Grund gehen unzählige Gartentulpensorten zurück. Darwinhybriden entstanden 1942 aus T. gesneriana x T. fosteriana. 18 cm weit öffnet sich die Blüte des Roten Kaisers, wie die Tulpe auf Deutsch heißt. Meine beiden Exemplare des Roter Kaisers haben übrigens 8 Blütenblätter, 2 zu viel.
Die schönste Tulpe, die z. Z. blüht, ist immer noch Rob Verlinden. An ihr habe ich viel Freude. Wunderbar harmoniert ihr Leuchtfeuer mit den blauen Hyazinthen Delft Blue. Offensichtlich benötigen Tulpen eine gewisse Substrattiefe unter der Zwiebel; die 3 Tulpen in der flacheren Schale sind deutlich kleiner und schmaler als die im tiefen Topf. Wenn man ihre dicken, kralligen, zahlreichen (9) Staubgefäße in den 8-blättrigen Blüten betrachtet, drängt sich der Eindruck auf, jemand hätte schwer mit Colchicin, Nikotin, Koffein, Lachgas oder radiaoaktiven Substanzen bei der Entstehung eines höheren Chromosomensatzes nachgeholfen, um diese großen Blüten zu erzielen. Wie dem auch sei, sie ist ein roter Traum.
Schade, dass die großen Prachthyazinthen so kurzlebig sind. Zwiebelpflanzen mit kurzer Blütezeit, die überdies nicht über Jahre ausdauernd sind. Mit abgeblühten Delft Blue ist nicht mehr viel los. In den Garten ausgepflanzt kommen sie zwar wieder, aber nur noch als vogelscheuchenähnlicher Schatten ihrer selbst. Tendenz de-generierend statt re-generierend. Da lobe ich mir doch Muscari armeniacum, die ohne besonderen Aufwand wiederkommen und sich vermehren. Nach und nach hüpfen sie über den Beetrand und bevölkern die Rasenkanten. Der einzige Nachteil sind die immer breiter werdenden Nester aus vielen Laubblättern; zuviele Blätter. „Zuviele Noten, Mozart, zuviele Noten.“ 😉
Die kürzlich in Blüte umgesetzten Kaufmann-Tulpen waren übrigens sehr beleidigt und 3 von 6 ließen ihre Blüten verkümmern. Nicht ganz schön und nicht schlimm. Jetzt sind die frühesten Tulpen eh fast alle fertig mit der Welt und „Kopf ab“ bedeutet bei Tulpen eine fast garantierte Blüte im Folgejahr. Im nächsten Jahr blühen alle leuchtenden Scarlet Babies zusammen vor der Buchshecke und Ancilla, Heart’s Delight und Giuseppe Verdi im Feigenkübel. So soll’s sein.