Hm. Ich geb‘ nicht auf. So was von angehäuften Gegnern hatte ich noch nie, nicht mal im wilden Garten. Schnecken, Feldmäuse, Wühlratten, Kaninchen, Spannerraupen in Rosentrieben, Gespinstmotten in Apfelspitzen, Ringeltauben in den grünen Johannisbeerresten. Dazu kalter, trockener Steppenwind in Sturmböen. Im Mai. Nichsuglauben!
Is nicht mehr normal, das! Wenn das Gärtnern sein soll, ist Eiswüste mit dem Föhn auftauen dagegen die reine Erholung!
Sackweise streue ich aberwitzig teuren Olivenhain-Dünger mit Wühlmausschreck. Das allerletzte Aufgebot der Heimatfront. Die Kosten um allein die über 95 Rosen trotz Wurzelfraß am Leben zu erhalten, wachsen in ungeahnte Höhen. High Maintenance. Hektoliterweise pumpe ich Wasser über die Wurzeln, um sie wieder einzuschlämmen.
Jedes Beet und wirklich jede einzelne Pflanze wird von den Schädlingen umrundet, eingekreist und abgefressen, selbst Kapzinerkresse-Babies und Miscanthusbrocken. Mühsam gelockerte Beete trample ich wie ein Berserker – freiwillig! – fest. Auf dem Rasen geht es sich deshalb wie auf watteweichen Wolken, weil er unterseits hohl ist, soft und tuffig unterhöhlt. Alle 30 Minuten kann ich zur Dämmerungszeit die dicht an dicht und in mehreren Etagen liegenden Wühlgänge in den Beeten planieren. Sie arbeiten den Hang talwärts und schieben die Erde von oben nach unten weg. Nach meinen Begehungen sieht es aus, als ob eine wildgewordene Elefantenherde eingebrochen wäre. Das Stachelbeerstämmchen habe ich ohne Übertreibung bestimmt schon 30 Mal aufgefurcht, wieder zugeschüttet und mit hartem Wasserstrahl zugeschwemmt. In mehreren Ringen bohren sich die Mäuse um Apfel- und Pfirsichbäume. Weia! Dabei habe ich mich bei der Auswahl auf die Härtesten der Harten kapriziert. Doch gegen eine unheilige Allianz der wahren Bösen bin auch ich machtlos. Im Schnitt arbeitete ich z.Z. jeden Tag 5 Stunden im Garten – und das ist zu viel!
Ich kenne mittlerweile jeden Kubikzentimeter, jeden Betonrest, jeden Kieselstein, jedes Borkenstückchen, jede Klettenstelle von innen, oben, seitlich, unten und hinterwärts. Wie in der Geschichte vom Weinberg und den 3 Erben. Wenn’s jetzt nicht mein Garten ist, weiß ich auch nicht. In- und auswendig kenne ich ihn. Durchgewühlt und – geackert habe ich mich wie die blöden Massakermäuse.
Ich gebe nicht auf. Das fehlte noch! Bei dem Einsatz ist der point of no return längst überschritten. Und kostet und kostet und kostet…
Verwunderlich ist nur, dass die Nachbarn es nicht bemerken, meine stoische, wütende, hartnäckige Verzweiflung. Sie staunen über den gärtnerischen Senkrechtstart. „Sie mögen es gerne, im Garten zu arbeiten“, fragt die junge, blondierte, rumänische Mutter von schräg gegenüber und lacht anerkennend. „JA!“ entgegne ich laut und balle für sie unverständlicherweise die Faust in der Luft. „Das sieht man!“ gibt sie zurück und winkt heiter.
Schön hier. Es könnte so schön sein. Und es wird schön sein!
Drei, zwei, eins, null – soeben 54 Jahre alt geworden. Prosit, Gärtnerin! Langes Leben, viele Blumen, immer Geld in der Tasche, Gesundheit, liebe Freunde und keine Wühlmäuse!
Und nun zu etwas völlig anderem: Erdbeeren! Endlich habe ich wieder Erdbeeren. Heute gab es die ersten 3 hellroten, angenehm säuerlich-frischen, frühen, feinaromatischen Honeoye pünktlich zum Geburtstag. Sie residieren im Hochsicherheitstrakt, sicher wie im Safe, hoch oben im gemauerten Ex-Kompost-Karré unter Maschendraht auf Strohhäcksel. Und im Gewächshaus wohnen meine Tomaten und bilden Knospen. Toll!