Widerstehen konnte ich nicht. Es ist immer noch klirrekalt; zusammengesunken vorm Monitor hocken (der Rücken lässt grüßen!), Kaffee schlürfen und Samen einkaufen passt zu einem eisekalten Märztag.
Orychophragmus violaceus, vorteilhaft in Szene gesetzt
Ein wundersames, in der Nahaufnahme asiatisch ansehnliches Blümelein aus Fernost musste es sein. Nicht nur dieses, aber die „Japanische Blütenkresse“ ist ungewöhnlich und unbekannt. Die Februarorchidee – so lautet angeblich einer der beiden chinesischen Namen übersetzt – entpuppt sich dummerweise beim zweiten Hinsehen als Rettich bzw. Senfkohlgemüse aus Nordchina namens Zhu ge cai, was der zweite Name ist (Blattrosetten). Die Bezeichnung „Orchid“ sollte man nicht zu eng sehen. Bspw. wird der derbe chinesische Brokkoli /Kai-lan blumig und wörtlich „mustard-orchid“ genannt. Ein höflicher, chinesischer Kotau vor einem blühenden Kraut mit hohem Nährwert. Du bist, was du isst und jede Speise kann wirksame Medizin sein; wärmend, kühlend, zusammenziehend, lösend.
Gärtnerisch + optisch betrachtet quasi ein Kollege von Lunaria annua, die – zunächst – aus unerfindlichen Gründen nicht biennis heißt, sich selbst im Garten aber zweijährig kultiviert. Andrerseits bedeutet der botanische Zusatz annuus, annua, annuum daneben auch, dass die Pflanze alljährlich wieder erscheint – allerdings, und wie!
Etwas enttäuschend ist es, wenn sich eine Neuerwerbung aus der Fremde als violett blühender Rettich herausstellt, selbst wenn er vorzugsweise Jap. Blütenkresse genannt wird. Vertikalen, zweijährigen, winterharten Frühlingskohl habe ich schon. Und zwar möglichst in Weiß, nicht in Purpur. Silbertaler. Weißen Kohl mit bunten Tulpen.
Erzgesund, mineral- und eiweißreich soll der chinesisch-japanische Frühjahrsblüher sein. Wahrscheinlich werde ich Kresseblätter, junge Stängel und Blüten aufessen, wenn er ordinär viel Grünzeug und nicht genügend deutlich blau-lilane Blüten bildet.
Der Exot ist noch ein exklusives Gewächs, hierzulande. Hoffentlich auch ein hübsches (!) Kraut. Mir scheint’s ein Fall wie Irish Cale, der neben Brokkoli und tiefgekühltem, prapäriertem Grün- und Rosenkohl bei städtischen Leckermäulern und Convenienceköchen nicht ganz zu Unrecht aus der Mode ist. Ein Experiment für vielseitige, neugierige Allround-Gärtner, nicht unbedingt ein „Must have“ für Blumenliebhaberinnen mit wenig Platz.
Spezialisten verlangen über 4,50 Eur für 20 Samen von Orychophragmus violaceus. Ich konnte wesentlich günstiger zuschlagen 😉 Unsere Quelle dürfte dieselbe sein.
Sehr vielsagend ist die Roboter-übersetzte Beschreibung des Anbieters:
Nach dieser speziellen Lektüre ist frau gleich viel schlauer. Heizfadenweiß – eine originelle Wortschöpfung, die mir noch nie untergekommen ist 😉 Oder, auch schön: „Gemeine Plagen wie Blattläuse, Kohlgleiskettenfahrzeug, Schnecken, Bergmann.“ Da kann ich nur erleichtert aufatmen, dass neben Schnecken nicht obendrein kohlfressende Kettenfahrzeuge eliminiert werden müssen! Bergleute in Kohlpflanzen stehen bestimmt unter Naturschutz, so selten wie sie in hiesigen Breiten vorkommen, viel seltener als graubraune Kohl- und Saateulen. Der Werksschutz dürfte etwas dagegen haben, dass man die letzten ihres Stammes mit Drogen verhindert oder von oben bis unten mit Pestiziden vergiftet. By the way, die Samen des Überlebens auf einer künstlichen Sau zu bebauen, dürfte für Normalgärtner schwierig werden. Woher nehmen, wenn nicht stehlen?
Wie die Hasenglöckchen in britischen Wäldern einen blauen Wunderteppich hinzaubern, so untermalt die Blütenkresse in Japan lichte Bäume, was natürlich nur als Massenanpflanzung gut wirkt:
Read Full Post »