Spinat ist eines meiner Lieblingsgemüse. Wegen seines kulinarisch hohen Rangs, bezweifle ich, dass Blätter älterer Gartengemüsesorten vergleichbar gut schmecken können und es nimmt nicht Wunder, dass die Pflanze persisch-arabischer Herkunft aus der Familie der Fuchsschwanzgewächse, Unterfamilie Gänsefußgewächse, Blattgemüse in Westeuropa wie z.B. die Gartemelde bereits im 16. Jahrhundert in null komma nichts aus den Gartenbeeten verdrängte. Im Jahresvergleich gesehen ist er ertragreicher und schneller zu ernten; bis zu dreimal lässt sich die Blattrosette schneiden.
Der verdienstvollen, uralten Garten-Melde (Atriplex hortensis) und ihren nahen Verwandten rückt die Gemüsegärtnerin nach und nach, Trieb für Trieb und Blättchen für Blättchen auf den Leib. In Anbetracht dessen, dass die zarten Blättchen im heißen Kochtopf stark zusammenfallen, eine umständliche Methode, um zu einer grünen Beilage zu kommen, wenn man dem Kraut im Gemüsegarten nicht sehr viel Platz einräumt und düngt. Ideales Slow Food für mit einem Spatzenappetit gesegnete, geduldige und wiederkäuende Genießer, die ihr Leben zu 99,9% ihrem Garten widmen können. Unter ernährungstechnischen, praktischen Aspekten nichts für eine Schlingpflanze wie mich. Es gibt ja Spinat.
Melde, die es für Liebhaber und neugierige Hobbygärtner in einer hell-gelbgrünen und einer sehr dekorativen, dunkelroten Sorte gibt, habe ich probiert. Ihre Blätter sind dünn und ihren Geschmack finde ich nicht weiter erwähnenswert. Neben der Gartenmelde machen sich im Garten der Rote Meier und der Riesen-Gänsefuß (Chenopodum giganteum) sehr gut. Sie können beerntet und gleichzeitig als hohe Zierpflanze verwendet werden. Die Blätter des Roten Meier sind bräunlich rot, die jungen Triebe des Riesen-Gänsefußes zweifarbig grün mit einem magenta-rosa Flecken am Blattgrund. Fuchsschwänze schmücken sich gerne und es gibt sie in vielen Ziersorten mit hängenden oder stehenden Blüten und bunten oder purpurnen Blättern.
Der einjährige, bis zu 3 m hoch werdende Riesen-Gänsefuß wird häufig als „Baum-Spinat“ deklariert. Unter derselben Bezeichnung wird der Ausdauernde Buchweizen (Fagopyrum cymosum) als ein weiteres, exotisches Gemüse angeboten. Er zählt zur Familie der Knöterichgewächse. Im Gegensatz zum einjährigen Kultur-Buchweizen, dessen Samen vermahlen werden, ist er eine Staude. Stamm und Wurzel des frostharten Wilden Buchweizens werden in der chinesischen Medizin gegen Gefäßerkrankungen, als antibiotisches Immunstimulanz und Tumorhemmer gehandelt, auch heute. Ein ziemlicher Gesundheits-Allrounder, so scheint’s, und genau das Richtige für mich rauchende Gartenfreundin. Das Blattgemüse soll leicht nussig und gehaltvoller als Melden schmecken. Obendrein ist blühender Buchweizen eine gute Bienenweide und schön azusehen. Der wäre einen Versuch wert.
Guter Heinrich (Chenopodium bonus-henricus) ist ebenfalls ein altertümlicher „Spinat“, der als Stickstofffresser wild neben Misthaufen wuchs. Angeblich. Ich habe noch nie Guten Heinrich neben einem in Gülle schwappenden Misthaufen entdeckt. Anders als seine Kollegen Melde und Amaranth ist dieses Gänsefußgewächs eine ausdauernde Staude, deren junge (!) Blätter als „ewiger Spinat“ genutzt werden. Seine Blätter sind größer und fleischiger als die der Gartenmelde.
Als Blattgemüse lassen sich weitere Knöterichgewächse wie der Ampfer aufführen – allerdings mag ich keinen Gemüseampfer, von dem ich ein Blattstückchen roh kostete – pfui! Und Gartensauerampfer, der seine schöne grüne Farbe beim Kochen gegen ein fahles Khaki eintauscht und dabei zu fast nichts zusammenschnurrt, kommt bei uns nur in kleinen, feinen Dosen als aufgeschäumtes Sauerampfersüppchen auf den Tisch.
Fehlen nicht mehr viele, z.B. diese:
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Erdbeerspinat
Der nostalgische Ährige Erdbeerspinat (Chenopodium capitatum) – na ja, Melde eben, ganz nett, so als skurille Zierpflanze vielleicht, die krüseligen Fruchtknubbelchen schmecken nicht und der grüne Rest … nun ja, Geschmackssache.
- Neuseeländischer Spinat (Tetragonia tetragonioides) – eine Pflanze aus der Familie der fleischigen Eiskrautgewächse. Das Reisemitbringel von John Banks wurde erstmals von Captian Cook erwähnt. Aus frischen Samen keimt er zuverlässig, wenn er genügend Wärme bekommt. Überhaupt hat er es gerne warm, in kühlen Jahren bleibt er auf der Strecke. Meine Samen waren jedesmal bereits zu alt und ich hatte noch nie eine so breite Pflanze, dass ich eine ganze Mahlzeit hätte ernten können. Der Geschmack der rohen, oxalsäurehaltigen Blätter tendierte gegen uninteressant; es waren aber zu wenig, um mir eine Meinung zu bilden.
- Malabarspinat (Basella alba und B. rubra mit roten Stielen) aus Indien – den kenne ich nur aus dem Bot. Garten von Sinapore. Der tropische Kletterspinat mag keine kühlen Temperaturen und Trockenheit und wird sehr warm vorgezogen. Der Wurzelstock kann im Haus überwintert werden. Seine schwarzen Beeren sehen aus wie Kermesbeeren. Beim Kochen soll das Gemüse etwas Schleim produzieren. Wegen seiner Wüchsigkeit bei idealen Bedingungen, wird die rotstielige Sorte als schlingende Zierpflanze verwendet.
Und dann gibt es noch die gesunde, einheimische Brennessel, die wegen ihres starken Eigengeschmacks nicht jedermanns Sache ist. Als blutreinigende, frühlingshafte Nettelsuppe aus 2 – 3 Handvoll der gehackten, jungen Blätter und Triebe, gestampften Kartoffeln, wenig Zwiebel und Knoblauch, Brühe und Sahne ist sie sehr lecker. Wer den Geruch von Brennesseljauche kennt, wird evt. Probleme habe, sich mit diesem kräftigen Gemüse anzufreunden. Die Brennnessel gehört zu meinen Gartenfreunden. Ich dulde und mag sie wie ich auch Holunder oder Löwenzahn mag, weil ich sie für wertvolle Helfer im Garten und Heilpflanzen halte. Sie sidn mir sympatischer als Giersch, obwohl ich einsehe, dass er freundlicherweise den Boden unter den Himbeeren feucht hält. Eine lebendige Mulchdecke.
Auch aus Giersch (Aegopodium podagraria) und Blättern der Kohldistel (Cirsium oleraceum) kann Gemüse gekocht werden. Giersch hat für meinen Geschmack leider ein etwas penetrant parfümiertes, seifiges Aroma. In kleinen Mengen roh am Salat, okay. Aber in Mengen und pur? Vom Wildgemüse Kohldistel, das feuchte, offene Flußränder und Nasswiesen besiedelt, werden auch die inulinhaltigen Wurzeln verzehrt. Es soll insgesamt besonders schmackhaft sein. Ich hatte nur nie hüfthohe Gummistiefel dabei, wenn ich an größeren Beständen vorbeikam, um von Pflanze zu Pflanze zu planschen – und so richtig viele zarte, junge Blätter sind an einer solchen Distel ja nicht dran. Und von denen müsste die Köchin noch die Stacheln entfernen. Mühsam.
Wie praktisch, das es pfundweise Brokkoli, Tomaten und Eissalat gibt. Und köstlichen, breitblättigen, zarten, dunkelgrünen, vitaminreichen Spinat, der sich vielfältig veredeln lässt!
Spinacia oleracea Sbanach oder ‚Wilder aus Galiläa‚, ein naher, raschwüchsiger Abkömmling der Urform des Spinats mit grob eingeschnittenen und weniger voluminösen Blättern, stammt aus dem Mittleren Osten. Er wird vor allem roh als Salat zubereitet und toleriert Sommerhitze besser als hiesige, auf die Frühjahrs- und Herbstkultur selektierte Gartensorten.
Mangold ist eine Klasse für sich. Er gehört zu den Beten wie Runkelrübe und Rote Beete. Wie jeder weiß, wird aus seinen grünen und roten Blättern ein etwas erdig schmeckendes Blattgemüse kochen, so wie sich auch aus Stielen und Blättern von rübenbildenden Kreuzblütern wie Mairübchen bzw. Stielmus und aus Radieschen oder aus Senfkohl grünes Mus herstellen lässt. Rübstiel schmeckt viel deftiger als Spinat. Bei diesen Gartengewächsen denke ich nicht an Spinat oder Spinat-„Ersatz“. Sie haben ihren eigenen Geschmack und fallen für mich entweder unter Mangold oder eben unter Senfkohl, nicht unter Fuchsschwänze, Gänsefüßchen und Knöteriche.
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