Seit einigen Tagen regnet es. Mal ununterbrochen, mal mit Pausen. Uns kann’s recht sein. Gegen heißes Wetter könnten wir kaum angießen. Die Terrasse ist vollgestopft mit Dahlien, Pflanzschalen, Ton- und Plastiktöpfen, Buttermilch- und Joghurtbechern, zweckentfremdeten Verpackungsbehältern, mit Erde gefüllten Plastiktüten und Gärtnerpaletten, zwischen denen man sich gerade noch zum Rasen durchschlängeln kann. Mittlerweile ziehe ich aufs Green um, wenn ich weitere Töpfchen mit Delphinum – Pacific-Hybriden, King Arthur in Enzian- und Summer Skies in hellblau -, 3 Sorten Digitalis purpurea und orietentalischer Akelei (A. oxysepala) besäe.
Der Rasen im Stadtgarten ist eingerahmt von neuen Rosen in Töpfen, die demnächst in den neuen, den dritten Garten einziehen sollen. Zu meinem – und mehr noch Kermits Leidwesen – dauert und dauert es, bis der Kleingarten geschätzt und übergeben und die Terrasse endlich wieder begehbar wird. Ich und Kleingarten?! Er hat den Vorteil, in 10 Minuten Fußweg erreichbar und nicht besonders weitläufig zu sein. Dafür ist er verbaut, was auch seinen Reiz hat. Ein schmales Handtuch ist eine interessante Herausforderung, doch das Gegenteil, ein breites, nicht tiefes Beet ist sicherlich noch viel interessanter, um es optimistisch auszudrücken, besonders, wenn einem die S-Bahn dabei fast über die Füße fährt.
Doch was soll’s, besser ein niedlicher Blumenkasten als Sklavenarbeit. Mir wird es leid, in den großen, wilden Garten zu fahren, der die Vernachlässigung sofort rächt und sich mit Quecke füllt. Zu weit weg, zu viele ungestörte Schädlinge. Jäten, schneiden, graben, reißen, schleppen, ernten – immer erwartet mich dort mehr Arbeit als ich und der lädierte Rücken es brauchen können. Ich finde einen nonchalenten, ungewöhnlichen, phantasievollen, blühenden Garten schön, aber keinen verwahrlosten. Sicher, es gibt hübsche Ecken und einige Großstauden wie der Himalaya-Knöterich wirken auf 1,5 Quadratmetern ungemein imposant. Trotzdem, es macht mir keinen Spaß mehr, alle Nase lang neue Pflanzen anzuziehen oder zu kaufen, wenn sie nach kurzer Zeit schon unter die Räder und Räuber fallen. Ich weiß nicht, wie Kermit es hinbekommt, nicht nur Arbeit, Arbeit, Arbeit und schmerzliche Verluste darin zu sehen. Wahrscheinlich weil er die Pflanzen nicht selbst gezogen – oder wenigstens mit Überlegung, Zuneigung und einem Szenario vor dem inneren Auge ausgesucht – hat. In den Garten fahren und ohne Blumenstrauß zurückkommen? Das ist nichts für mich! Wo bleibt da die Belohnung?
Ich bleibe lieber im Stadtgarten, wo Rosen und Lilien, Hibiscus, Phlox und Bronzefenchel blühen und genieße die Früchte meiner Gartenarbeit. Anders als der wilde Garten lässt sich der Stadtgarten ohne Schufterei auf Vordermann halten; der Buchs kann auf den Millimeter getrimmt werden.
Wenn ich erst den kleinen Kleingarten habe, exportiere ich nach und die Rosen, Gehölze und Stauden, die mir am Herzen liegen. Nicht, dass es im Kleingarten keine lieben Tierchen gäbe – plus Kaninchen, die ungeniert durch die Parzellen hoppeln – aber ich kann einfacher hinkommen und sie scheuchen. Hochbeete, Maschendraht, Bierfallen, Wühlmausfallen, Pflanzkörbe aus Maschendraht. Ich werde alles aufbieten, was ich im wilden Garten, der mir nicht gehört, nicht installieren würde. Der neue ist MEIN Garten. Und praktischerweise hat er einen Zaun und eine mit Rosen berankte Gartenpforte mit Schloss.
Blaumeise – ich muss noch Stecklinge von der Hortensie Blaumeise nehmen. Ein weiteres Pflanzgefäß für die Sammlung auf der Terrasse …
Karl Foerster hat vergessen zu erwähnen, dass Hemerocallis nicht nur die ideale Staude für intelligenten Faule, sondern obendrein für hungrige Schnecken und Wühlmäuse ist. Im wilden Garten kostet jede Regenphase Taglilienblüten, jeder Winter oft genug ganze Horste Hemerocallis, Hosta oder Rosen. 5 große Hostas sind verschwunden. Die blühende und grünende Vielfalt wird weniger. Akeleien als zäher Ersatz für Ausfälle sind wunderbar – aber was ist mit der Sommer- und Herbstzeit, in der sie nicht blühen?
Der Mirabellenbaum ist bei den letzten böigen Regenschauern unter der übergroßen Last seiner Früchte zerbrochen. Trauriger Anblick, aber keine Katastrophe. Er wird gestutzt – bald, irgendwann, später, nicht jetzt – und erholt sich binnen weniger Jahre. Außerdem machen wir uns nicht viel aus Mirabellen.
Derweil springen die Dahlien auf der überbevölkerten Terrasse aus den Töpfen, die nur als Parkplatz für Kurzparker gedacht war. Sie vergeilen und fallen um. Andere kümmern und treiben gar nicht. Schlechtes Timing. Wo bleibt der neue Garten? Zwischen hungernden Dahlien und eingesperrten Rosen in zu kleinen Gefäßen fällt es schwer, sich über Wochen und Monate auf einen zusätzlichen Garten zu freuen. Auch dort wird der Anfang Knochenarbeit werden …