Meine vermeintlich reinweiße Päonie ist crème mit einem Hauch rosé. Ihre inneren Blütenblätter sind leicht wellig und gekreppt, die äußere Schale besteht aus einem doppelten Kranz. Sehr schön. Sie muss 3 von 5 Stielen für den obligatorischen Blumenstrauß opfern.
BLUMEN!
Duftende, mittelspäte Pfingstrosen, Zweige der Kolkwitzie, Akeleien, Frauenmantel
Fremde Menschen laufen durch den wilden Garten, was ich gar nicht leiden kann, bei den teuren Taglilien, die herumstehen und in diesem Jahr fast alle blühen wollen. Die einen passieren den halbwilden Garten neuerdings auf dem Weg zu ihren Schrebergarten, weil der Angang über die Straße ihnen zu umständlich ist, die anderen Nachbarn steigen abends mit Fotoapparat um den Mohn und trampeln dabei in meine Stauden. Ich reagiere nicht gerade übermäßig erfreut, als der Nachbar mit den 2 BMWs und 1 BMW-Mini sein Riesentele heranschleppt, um in meinen Mohn hineinzukriechen und Makro-Aufnahme (!!!) von MEINEM orangen Mohn zu machen und dabei in die gelbe Flockenblume (Centaurea macrocephala) tritt. Er fände meinen Garten so pittoresk und charmant – wer nicht ??! Die Aufteilung mit den Gräsern und Stauden fände sein Gefallen und es würde immer etwas blühen – dazu ist ein Garten doch da!! – und er würde seinen Rhododendrongarten bald von seinem Gärtner umgestalten lassen, damit seiner auch so reich blühen würde. Toll; das schafft er nie ohne professionelle Hilfe. Und er hat es ja auch gar nicht vor; Geld ist offensichtlich im Überfluss vorhanden. Ich fühle mich gar nicht geschmeichelt und der interessierte Mensch wollte mir auch nicht schmeicheln, nur Fotos machen, auftanken, Ideen sammeln und sich jung fühlen. Sein millionenschweres Privatgründstück ist so groß wie der gesamte Gemeinschaftsgarten, also wie die Stücke der 5 Beteiligten zusammen, aber anscheinend für ihn immer noch nicht groß genug. Sogar Kermit knurrt ein wenig, weil er den Nachbarn zuerst nicht erkannt hat, ebenso wenig wie ich.
Oranger Türkenmohn Brillant hinter schwingenden Wildgräsern auf einem Brachebeet
Der Herr ist vom Stamme der unbedarften Egomanen. Er weiß genau, was sein ist, aber absolut nicht, was evt. nicht sein sein könnte. Ganz selbstverständlich und natürlich richtet er seine Aufmerksamkeit auf sich und seine Bedürfnisse, meinen Unmut bekommt er gar nicht mit. Die Renovierung seiner Garage hätte mich fast meine Rhododendren gekostet. Der Bauschutt landete im angrenzenden Beet. Freundlich, distanziert und unbeteiligt macht er, was er mag. Nicht nur er. Die gesamte Straße, sogar das Kirchensprengel scheint dieses Stückchen Land als Allmende anzusehen. Und leider ist es frei zugänglich, auch wenn die niedrige Gartenpforte geschlossen ist. Selbst gutgemeintes Weg freisensen seitens der Gartenbeteiligten kostet mich meist diesen oder jenen Phlox und ich muss oft schlucken. Außer mir trifft es keinen und es fällt keinem auf. Ich meine, kost‘ ja alles nix, was ich in Jahren in 1500 qm gebuttert habe, mal ganz abgesehen von der Arbeit. Komische Leute gibt’s.
Farben für Emil Noldes Palette
Eigenartigerweise werden Nachbars S. Beete jedes Jahr breiter und sie haben schon fast den Weg zwischen seinen und meinen Beeten verschluckt. Dabei ist die Flucht von der Pumpe bis zum Ende des Gartens offensichtlich und außerdem gibt es so viel Platz auf der anderen Seite, wo seine unbearbeiteten Beete liegen. Vielleicht sollt ich auch mal eine so tiefe Beetkante abstechen, dass zur Abwechslung er sich die Knöchel umknickt. Alles keine böse Absicht, bestimmt nicht, nur etwas sehr gründlich und grenzenlos. Grobmotorisch. Kermit blitzt mir aus den Augenwinkeln warnend zu. Nein, keine Bange, ich sage nichts. Es hat keinen Sinn, sich mit im Grunde gutwilligen, hilfsbereiten und uns sehr freundlich gesinnten Nachbarn anzulegen, wenn einem das Grundstück nicht gehört und wenn man nicht ständig da ist. Es wäre so ein Leichtes, mich im Gegenzug mit ein paar einfachen, subversiven Aktionen ganz schnell unglücklich zu machen … Nein, nein. Besser ein einvernehmliches Verhältnis mit allen, auch wenn mir manchmal das kalte Entsetzen in die Glieder fährt, wenn jemand einen Schlenker in ein Beet gemäht hat; in meins natürlich, nicht etwa in das eigene.
Geklaut wird obendrein, von Fremden bzw. Entfernteren. Ist ja klar. Der Pfirsichbaum war schon mal geplündert, als er noch stand. Das war so ärgerlich, dass es mich weniger geärgert hat, als er von der Wühlmaus und einem harten Winter angenagt den Geist aufgab. Nun gibt’s im Sommer keine köstlichen, saftigen Pfirsiche mehr. Sehr bedauerlich.
Im Großen und Ganzen ist es jedoch ein kleines Paradies. Sagte Satre nicht einmal, die Hölle, das sind die Anderen? Viel Hölle ist hier nicht, viel eher ist hier das Paradies. Der Pumpenschwengel quietscht, die Vögel singen, ein Hahn kräht und Kinder radeln zum Naturschwimmbad um die Ecke. Eine fast traumverlorene, ländliche Idylle außer der Zeit. Solange die Nachbarn am Ende jenseits der als Sichtschutz gesetzten Bluthasel nicht mit ihren dröhnenden Stimmen ihren Garten bekrähen, lauthals mit amerkanischem Besuch schwafeln, ihre diversen Dezibel geladenen Gartengeräte anschmeissen und möglichst alle gleichzeitig unsachgemäß bedienen oder grillen – dann ist es allerdings so gemütlich wie auf einem vollbesetzten Campingplatz in der Hochsaison!
Constance Spry; einmalblühende, stark riechende Strauchrose von Austin
Genug geärgert für heute. Pfingsten im wilden Garten. Constance Spry zeigt die ersten silberrosa Blüten, ist aber noch nicht über und über erblüht. Kermit haut rein, reißt bei hochsommerlichen Temperaturen schweißüberströmt Himbeeren und Nesseln heraus und nach 6 Stunden darf ich mir überlegen, was ich an die staubtrockenen Stellen unter der überalterten Zwetschge setzen darf, um die Brennnesseln zukünftig in Schach zu halten. Zuerst rette ich die Astilben vor den dominanten Akeleien und teile sie. Mutterkraut, Fingerhüte, Vexiernelken und vorgezogene Cosmeen habe ich aus dem Stadtgarten zum Auswildern mitgebracht. Über 4,5 Quadratmeter brauche ich mir anschließend keine Gedanken mehr zu machen. Ein Jasmin wäre schön; die Sorte Virginal. Der Garten wird wieder eine Wucht, wie jedes Jahr, zur Freude der Nachbarn – aber in erster Linie zu meiner!
Zufrieden mit uns und unserer Gartenwelt fahren wir nach hause.
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